Die von westlichen Staaten nach dem Einmarsch in der Ukraine gegen Russland verhängten Sanktionen haben den türkischen Exporteuren neue Möglichkeiten eröffnet, da das Land zunehmend als „Lagerhaus und Brücke“ nach Moskau betrachtet wird, so ein Industrieverband.
Cetin Tecdelioglu, Leiter der Istanbuler Vereinigung der Exporteure von Eisen- und Nichteisenmetallen (IDDMIB), erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Nachfrage russischer Unternehmen nach Produkten, die sie nicht mehr aus der EU oder den USA beziehen können, sei seit dem Einmarsch im Februar erheblich gestiegen.
Gleichzeitig hätten türkische Firmen Anfragen von europäischen Unternehmen erhalten, die als Zwischenhändler für Importe nach Russland fungieren wollten, fügte er hinzu. Tecdelioglu nannte zwar keine bestimmten Unternehmen, sagte aber, dass es sich dabei um Hersteller von Waren wie Kupfer, Aluminium, Küchengeräten und Maschinen handele.
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2022 beliefen sich die türkischen Exporte von Eisen- und Nichteisenmetallen nach Angaben des IDDMIB auf insgesamt 8,9 Milliarden Lira (495,58 Millionen Dollar) – ein Anstieg von 33 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2021. Dies entsprach 6,2 Prozent der türkischen Ausfuhren.
Seit Jahresbeginn stiegen die Ausfuhren dieser Waren nach Russland im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent und erreichten 170 Millionen Dollar.
Die Türkei hat sich der Kritik ihrer NATO-Verbündeten an Russlands Invasion in der Ukraine angeschlossen und die ukrainischen Streitkräfte mit Waffen wie Drohnen beliefert sowie den Bosporus für russische Kriegsschiffe gesperrt. Das Land hat jedoch nicht dieselbe Art von Sanktionen verhängt wie Volkswirtschaften wie die EU, die USA oder das Vereinigte Königreich und ist bestrebt, in Bereichen wie Handel, Energie und Tourismus enge Beziehungen zu Moskau zu unterhalten.
Tecdelioglu wies auch darauf hin, dass die Drohungen Russlands, die Gaslieferungen an die EU zu unterbrechen, auch zu größeren Chancen für türkische Exporteure führen könnten, wenn Energieengpässe in Europa zur Schließung von Industrieanlagen führen sollten.
An anderer Stelle wurden die Länder in einem Bericht des britischen Think-Tanks Royal United Services Institute aufgefordert, Ausfuhrkontrollen für Güter wie Computerchips zu verschärfen, um zu verhindern, dass Russland die Sanktionen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck umgeht.
Dem Bericht zufolge hat Moskau zahlreiche Schlupflöcher zur Umgehung von Exportverboten gefunden. So seien elektronische Komponenten von Herstellern wie Texas Instruments und Sony in russischen Waffen entdeckt worden, die in der Ukraine erbeutet oder zerstört wurden.