Wer sind die Gewinner von Indiens Strategie der größeren Öffnung für den Handel?

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Indien scheint sich hin zu einer liberaleren Handelspolitik zu bewegen. Was könnte dieser Wandel für das Land, seine Wirtschaft und seine globalen Partner bedeuten?


Nach jahrelanger offensichtlicher Zurückhaltung beim Abschluss von Freihandelsabkommen mit anderen Ländern in Asien und dem Rest der Welt hat Indien in letzter Zeit eine offenere Handelspolitik eingeschlagen.

Neue Abkommen mit Ländern wie Australien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurden entweder unterzeichnet oder sind in diesem Jahr in Kraft getreten, während die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich, der EU und anderen potenziellen Partnern voranschreiten.

Was hat diesen Strategiewechsel der drittgrößten Wirtschaft Asiens bewirkt und wie könnten die wirtschaftlichen und kommerziellen Auswirkungen aussehen?

Indiens veränderte Sichtweise

Indiens frühere Skepsis gegenüber Freihandelsabkommen und Handelsliberalisierung zeigte sich in öffentlichkeitswirksamen Entscheidungen wie dem Ausstieg aus der Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) im Jahr 2019. Mit einem Anteil von fast einem Drittel der Weltbevölkerung und dem gleichen Anteil am globalen BIP ist die RCEP der größte Handelsblock der Geschichte und Indien war sieben Jahre lang an den Verhandlungen beteiligt, bevor es sich zurückzog.

Ausschlaggebend für die Entscheidung waren Bedenken bezüglich der Senkung der Zölle auf importierte Güter und die mögliche Vergrößerung des indischen Handelsungleichgewichts mit China, was für heimische Unternehmen einen stärkeren Wettbewerb mit Übersee bedeuten könnte.

In letzter Zeit hat die Regierung von Premierminister Narendra Modi jedoch einen klaren Strategiewechsel vollzogen, wie das umfassende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den VAE unterstreicht, das Anfang des Jahres in Kraft trat. Außerdem hat das Land einen Handelspakt mit Australien unterzeichnet, der ein Bekenntnis zur Reduzierung von Zolltarifen um 85 Prozent beinhaltet.

Delhi hofft, in den kommenden Jahren neue Abkommen mit hochrangigen Handelspartnern wie dem Vereinigten Königreich und der EU abschließen zu können, von denen sich alle Parteien erhebliche wirtschaftliche Vorteile versprechen.

Zu den Gründen für diese strategische Änderung erklärte der indische Handelsminister Piyush Goyal, das Land strebe den Abschluss „fairer und ausgewogener“ Handelsabkommen an, bei denen eher die Zusammenarbeit als der Wettbewerb im Vordergrund stehen sollten.

Bei der Erörterung der Abkommen mit Australien und den Vereinigten Arabischen Emiraten stellte Goyal fest, dass beide Länder „fair und vernünftig in Bezug auf lokale Empfindlichkeiten“ gewesen seien, wie Fortune India meldete.

Mögliche Gewinner und Verlierer

Es wird erwartet, dass die verschiedenen Freihandelsabkommen und Handelsvereinbarungen, die entweder bereits in Kraft sind oder zwischen Indien und seinen internationalen Partnern in Vorbereitung sind, den beteiligten Ländern erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen.

Schätzungen zufolge könnte beispielsweise ein neues Abkommen mit dem Vereinigten Königreich den Gesamthandel zwischen den beiden Ländern bis 2035 um bis zu 28 Milliarden Pfund pro Jahr steigern. Gestärkt durch den Wert dieser neuen Partnerschaft könnte das indische BIP im gleichen Zeitraum um bis zu 8,8 Milliarden Pfund wachsen.

Die offenere Haltung des asiatischen Landes gegenüber globalen Handelsbeziehungen könnte auch seine Bemühungen unterstützen, mit China zu konkurrieren, insbesondere in einer Zeit, in der etliche Länder weltweit bestrebt sind, ihre Lieferketten zu diversifizieren.

In jüngsten Untersuchungen des Logistikunternehmens DHL wurden Indien, Vietnam und die Philippinen als drei Schlüsselmärkte hervorgehoben, die wohl von den Bemühungen vieler Unternehmen profitieren werden, sich von den auf China fokussierten Produktions- und Beschaffungspraktiken zu lösen.

Es gab jedoch auch Bedenken dazu, was eine Zunahme von Freihandelsabkommen und internationalen Handelsvereinbarungen für die lokalen Unternehmen in Indien bedeuten könnte.

Während einige Unternehmen, wie z. B. Bekleidungshersteller, von niedrigeren Ausfuhrzöllen profitieren könnten, sorgen sich andere über den drohenden stärkeren Wettbewerb durch ausländische Firmen.

Gaurav Sekhri, Mitbegründer des Weinguts Fratelli, erklärte gegenüber der BBC, sein Unternehmen habe in den letzten Jahren dank des sich entwickelnden indischen Weinsektors ein Wachstum von bis zu 40 Prozent erzielt, könnte aber Schwierigkeiten haben, diesen Erfolg aufrecht zu erhalten, wenn billigere, importierte Marken einen größeren Zugang zum Markt erhielten.

Experten haben auch die Frage aufgeworfen, wie gut sich der neue Fokus auf Freihandelsabkommen mit der allgemeinen indischen Handelspolitik vereinbaren lässt, die der Unterstützung einheimischer Produzenten den Vorrang einräumt.

Die Forscher Surender Singh und Suvajit Banerjee schrieben in der Zeitschrift Economic and Political Weekly: “[Der] neu entdeckte Enthusiasmus für Freihandelsabkommen scheint im Widerspruch zu seiner handelspolitischen Haltung im Rahmen der „Self-Reliable India“-Initiative zu stehen, deren Ursprünge auf dem Motto „vocal for local“ beruhen, wodurch inländisch produzierte Waren gegenüber Importwaren gefördert werden.“

Während das Land neue Abkommen mit Handelspartnern auf der ganzen Welt anstrebt, scheint eine der wichtigsten Fragen, die Indien beantworten muss, die zu sein, wie es die Vorteile internationaler Freihandelsabkommen mit den Bedürfnissen und Interessen seiner einheimischen Unternehmen in Einklang bringen will.