Welche Ziele verfolgt Indien bei den Handelsgesprächen mit den USA und der EU?

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Was will Indien bei den Handelsgesprächen mit den USA und der EU und dem Vereinigten Königreich erreichen?


In den kommenden Monaten wird Indien seine Bemühungen deutlich verstärken, seinen Status als wichtiger globaler Exporteur von Waren durch weitere Freihandelsabkommen und andere Präferenzregelungen zu festigen.

Das Land könnte vor allem im Westen nach neuen Möglichkeiten Ausschau halten. Da die USA besonders an der Diversifizierung ihrer Lieferketten interessiert sind, um die Abhängigkeit von China zu verringern, das Vereinigte Königreich nach dem Brexit neue Abkommen anstrebt und die EU ein großes Potenzial bietet, wenn die derzeitigen Handelshemmnisse beseitigt werden können, stehen dem Land ein paar arbeitsreiche Monate und Jahre bevor.

Welche Prioritäten setzt Neu-Delhi also bis 2023 und darüber hinaus – und was könnte das für den Welthandel bedeuten?

Wechsel der Prioritäten

Die derzeitigen Anstrengungen hinsichtlich bilateraler und multilateraler Abkommen markiert einen bedeutenden Wandel in der Haltung der indischen Regierung, die traditionell nicht bereit war, umfassende Freihandelsabkommen zu unterzeichnen und sich 2019 auch aus der Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) zurückgezogen hat.

Dieser protektionistische Ansatz hat sich jedoch schnell geändert. Das Land hatte sich zuvor das ehrgeizige Ziel gesetzt, die jährlichen Warenexporte auf 400 Milliarden US-Dollar zu steigern, was im März 2022 auch erreicht wurde.

Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums sind die Gründe dafür unter anderem der Wunsch, die Lieferketten zu schützen, die Exporte zu steigern und sicherzustellen, dass das Land in der Lage ist, international zu konkurrieren, indem es sich an globale Standards in den Bereichen Finanzen, saubere Energie, digitaler Handel und Lieferketten anpasst.

Dies hat zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der unterzeichneten Abkommen und der laufenden Verhandlungen geführt. Neben den abgeschlossenen Abkommen mit Australien und den Vereinigten Arabischen Emiraten befindet sich das Land derzeit in aktiven Gesprächen mit dem Vereinigten Königreich, Kanada, Israel und der EU.

Kein Abkommen mit den USA in Sicht

Eine erweiterte Handelsbeziehung mit den USA könnte ein wichtiges langfristiges Ziel sein. Ein umfassendes Freihandelsabkommen scheint jedoch noch in weiter Ferne zu liegen, da derartige Abkommen in Washington nicht als vorrangig gelten.

Zwar erklärte Handelsminister Piyush Goyal nach einem Treffen mit der US-Handelsbeauftragten Katherine Tai im Rahmen des India-US Trade Policy Forum, dass ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und Indien derzeit „nicht zur Debatte“ stehe.

Er fügte jedoch hinzu: „Stattdessen liegt unser Schwerpunkt auf größerem Marktzugang. Wir konzentrieren uns auf die Erleichterung des Geschäftsverkehrs zwischen den beiden Ländern. Bilateral ist eine Ausweitung in Bezug auf Handel, Investitionen und Geschäften erkennbar.“

Ein Ergebnis des Forums war tatsächlich die Bildung einer neuen Arbeitsgruppe zum Aufbau nachhaltiger Lieferketten und zur Förderung des bilateralen Handels. Diese wird sich zunächst auf Themen wie Handelserleichterungen, Digitalisierung der Zollverfahren und saubere Technologien konzentrieren.

Gibt es Fortschritte bei europäischen Abkommen?

Auch die Gespräche mit der EU nehmen weiter an Fahrt auf, wobei eine dritte Gesprächsrunde Ende 2022 stattfinden soll. Zuvor hatte sich der deutsche Botschafter in Indien, Dr. Phillip Ackermann, optimistisch über Fortschritte geäußert und angemerkt, dass Berlin besonderes Interesse an einem Freihandelsabkommen mit Indien hat. Er machte jedoch auf den langen Weg aufmerksam, der dafür noch zu gehen sei.

„Jedes Freihandelsabkommen ist kompliziert“, sagte Dr. Ackermann. „Da es sich bei Indien um einen großen, selbstbewussten Partner handelt, erwarte ich eine Vielzahl an Gesprächsrunden. Es ist fraglich, ob wir bis Ende 2023 fertig sind. Allerdings ist es immer gut, ehrgeizige Ziele zu haben.“

Zu den wichtigsten zu klärenden Fragen gehören Importquoten und Zölle auf Stahleinfuhren in die EU. Ein mit den Gesprächen vertrauter Beamter sagte kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dies werde eine der Hauptprioritäten für Neu-Delhi sein, da es von den Herstellern im Stahlsektor des Landes als Anliegen vorgebracht wurde.

Weitere potenzielle Hindernissen sind die von der EU vorgeschlagenen Kohlendioxidemissionszölle für die Einfuhr umweltschädlicher Güter wie Zement. Indien könnte sich zwar um eine Klärung oder Ausnahmeregelung bemühen, aber die EU wird wohl ihre strengen Normen zum Schutz ihrer eigenen Industrie durchsetzen.

Indessen hofft das Vereinigte Königreich immer noch auf ein eigenes Freihandelsabkommen mit Indien, nachdem eine ursprüngliche Frist für den Abschluss eines Abkommens bis zum hinduistischen Fest Diwali im Oktober 2022 verpasst wurde. Die Ministerin für internationalen Handel, Kemi Badenoch, äußerte in einem Interview mit der Times die Hoffnung, dass ein Abkommen noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden kann, schloss aber ähnliche Zugeständnisse bei den Visabeschränkungen wie im Abkommen zwischen Großbritannien und Australien aus.

„Wir müssen sicherstellen, dass jedes Handelsabkommen, das wir unterzeichnen, auf das jeweilige Land zugeschnitten ist“, sagte Badenoch. „Das Angebot, uns zu bewegen, wie ich es einem Land wie Australien machen kann, wird nicht das gleiche Art sein, das ich einem Land wie Indien machen kann.“