In welchen Bereichen wird das Windsor-Rahmenwerk den Handel verbessern – und wo ist es unzureichend?

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In einem neuen Bericht wird davor gewarnt, dass das bevorstehende Inkrafttreten des Windsor-Rahmenwerks für einige Unternehmen noch mehr Bürokratie mit sich bringen wird.


Anfang dieses Jahres hatten sich die britische Regierung und die EU auf eine umfassende Aktualisierung der Handelsvorschriften für die Zeit nach dem Brexit geeinigt, bei denen Nordirland im Mittelpunkt stand. Sie versprach eine erhebliche Vereinfachung der Regeln für den Warenverkehr zwischen Großbritannien und Nordirland unter Beibehaltung einer Zollregelung für Waren, die in die EU gelangen.

Es geht dabei insbesondere um die vereinfachte „Green Lane“ für Waren, die für Nordirland bestimmt sind, und die erschwerte „Red Lane“ für Waren, die in die Republik Irland verbracht werden sollen. Ziel ist es, den Händlern bei der Nutzung der „Green Lane“ zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu ersparen und so den Warenfluss über die Irische See zu vereinfachen, während Nordirlands Stellung im Binnenmarkt beibehalten wird.

Das überarbeitete Protokoll, das als Windsor-Rahmenwerk bekannt ist, soll zwar ab Oktober dieses Jahres in Kraft treten, aber es bleibt abzuwarten, wie die praktische Durchführung aussieht und es gab bereits Warnungen, dass den Händlern trotz des Ziels der Reduzierung des bürokratischen Aufwands noch Herausforderungen bevorstehen könnten. Was also sollten Unternehmen erwarten, wenn die Vereinbarung in Kraft tritt?

Neuer Bericht warnt vor mehr Bürokratie

In einem aktuellen Bericht des britischen Parlaments heißt es, dass das Windsor-Rahmenwerk den bürokratischen Aufwand für Unternehmen in bestimmten Fällen eher erhöhen wird – insbesondere für solche außerhalb des Einzelhandels Danach liege der Grund vor allem darin, dass Unternehmen bei der Verschiffung von Waren aus Großbritannien nach Ablauf der Übergangsfristen, wenn das Nordirland-Protokoll noch nicht vollständig umgesetzt ist, möglicherweise die „Red Lane“ nutzen müssen.

In dem von einem Ausschuss des britischen Oberhauses stammenden Bericht wird festgestellt, dass einige Händler nicht in der Lage sein werden, die Anforderungen für die „Green Lane“ zu erfüllen, selbst wenn ihre Waren in Nordirland verbleiben sollen. Zu den Sektoren, die davon betroffen sein dürften, gehören Produktionsgüter und landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Fleisch und Milchprodukte sowie Waren, deren endgültiger Bestimmungsort unklar ist.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Lord Jay of Ewelme, merkte dazu an: „Für einige Unternehmen werden die Prozesse unter dem Windsor-Rahmenwerk beschwerlicher sein als unter dem jetzigen Protokoll. Und bei Unsicherheiten muss möglicherweise die „Red Lane“ mit ihren komplizierteren Verfahren beschritten werden.“

Probleme im Zusammenhang mit den sogenannten Sammelgütern stießen auf besondere Bedenken. Dabei werden Waren, die von verschiedenen Unternehmen versandt wurden, gemeinsam auf einem Lkw transportiert.

In dem Bericht wird davor gewarnt, dies könne bedeuten, wenn nur eine einzige Palette einer solchen Ladung für die Republik Irland bestimmt ist, muss der Inhalt des gesamten Lkw auf der „Red Lane“ kontrolliert und abgefertigt werden. Logistikverbände erklärten dem Ausschuss, dies sei ein Problem, das im ursprünglichen Protokoll übersehen worden sei und das neue Rahmenwerk nicht für Klarheit sorgen würde.

Das Rahmenwerk ist zwar „eine Verbesserung“, aber es muss noch daran gefeilt werden

Trotz der Bedenken befand der Ausschuss das Windsor-Rahmenwerk insgesamt als bedeutenden Fortschritt gegenüber dem vorherigen Protokoll. So stellte er beispielsweise fest, dass die Einführung der „Green Lane“ einer Reihe von Einzelhandelsunternehmen zugutekommen wird, da sowohl Großunternehmen als auch kleinere Firmen von den gestrafften Verfahren profitieren können.

Ein Regierungssprecher sagte, dass das Rahmenwerk „im Vergleich zum alten Protokoll den bürokratischen Aufwand und die Kontrollen reduziert, Verbote für Produkte wie Saatkartoffeln aufhebt und eine dauerhafte, nachhaltige Grundlage für die Zukunft bietet“.

Zu den weiteren Bereichen, in denen positive Auswirkungen zu erwarten sind, zählen die pharmazeutische Industrie, von der die vorgeschlagenen Lösungen zur Erleichterung der Lieferung von Arzneimitteln nach Nordirland begrüßt wird.

Lord Jay sagte: „Obwohl das Windsor-Rahmenwerk eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Protokoll darstellt, ist es doch sehr kompliziert. Unternehmen brauchen Klarheit. Sowohl die Regierung als auch die Europäische Union müssen dringend erklären, was das Windsor-Rahmenwerk in der Praxis für die Unternehmen bedeutet.“

Welche zukünftigen Risiken gibt es noch?

Mit Blick auf die Zukunft wird in dem Bericht davor gewarnt, dass ein künftiges Auseinanderdriften in Bezug auf Regulierungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich eine der größten Bedrohungen für ein reibungsloses Funktionieren des Rahmenwerks darstellen könnten. 

Die Unternehmen, die sich an den Ausschuss gewandt haben, äußerten die Befürchtung, Nordirland könne dann zu einem „Niemandsland“ werden, in dem die Händler Bestimmungen aus zwei verschiedenen Regelungsgebieten einhalten müssten, sollten die Regelungen zwischen beiden Seiten weiterhin unterschiedlich bleiben. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Region beeinträchtigen und die ohnehin komplexen Lieferketten noch mehr gefährden.

Daher wurde die britische Regierung aufgefordert, in einer Reihe von Fragen mehr Klarheit zu schaffen, einschließlich weiterer Einzelheiten dazu, wie das Windsor-Rahmenwerk in der Praxis funktionieren wird. Angesichts der begrenzten Zeit bis zur Umsetzung sollte dies als dringliche Angelegenheit gelten.

Zusammenfassend sagte Lord Jay: „Die Regierung und die Europäische Union müssen eng miteinander in Kontakt bleiben. Sie müssen aber auch gewährleisten, dass die nordirischen Interessengruppen durchgehend eng eingebunden sind.“