Energiestreit zwischen den USA, Mexiko und Kanada spitzt sich zu – was könnten die Folgen sein?

Legislation | | MIC Customs Solutions |

Ein Streit zwischen Mexiko, den USA und Kanada über die mexikanische Energiepolitik könnte zu erheblichen neuen Zöllen auf Waren führen, die von Mexiko in seine USMCA-Partnerländer exportiert werden.


Das Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) steht vor einer seiner ersten großen Bewährungsproben, nachdem sich die USA und Kanada zusammengetan haben, um eine Klage gegen Mexiko wegen dessen Energiepolitik einzureichen.

Wird keine Lösung gefunden, könnte dies zu neuen hohen Zöllen auf mexikanische Exporte an seine größten Handelspartner führen. Worum geht es in diesem Streit, und welche Folgen wird es haben, wenn die Bemühungen um eine gütliche Einigung scheitern?

Worum geht es bei dem Streit?

Die USA und Kanada haben die Klage im Rahmen des USMCA-Handelsabkommens wegen der Politik von Präsident Andres Manuel Lopez Obrador eingereicht. Sie bezieht sich auf die Bemühungen der mexikanischen Regierung, beim Kauf von Energie staatliche Versorgungsunternehmen gegenüber ausländischen Anbietern erneuerbarer Energien zu bevorzugen.

Laut dem Büro des US-Handelsbeauftragten benachteiligen diese Maßnahmen US-amerikanische Ökoenergieunternehmen zugunsten des staatlichen mexikanischen Stromversorgers Comisión Federal de Electricidad (CFE) und dessen staatlicher Öl- und Gasgesellschaft Petróleos Mexicanos (PEMEX). 

Konkret geht es um eine Änderung des mexikanischen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes aus dem Jahr 2021, durch die dem von der CFE erzeugten Strom Vorrang vor dem Strom eingeräumt wird, der von allen privaten Wettbewerbern erzeugt wird.

Darüber hinaus behaupten die USA, dass die Änderungen zu „Verzögerungen, Verweigerungen und Aufhebungen“ von Zertifizierungen geführt haben, die für in Mexiko tätige US-Energieunternehmen vorgeschrieben sind. Die USA warnten außerdem, dass die Rücknahme der im Rahmen des Pariser Abkommens unternommenen Anstrengungen die gemeinsamen regionalen Wirtschafts- und Klimaziele der Länder beeinträchtigen.

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai sagte: „Diese politischen Änderungen wirken sich auf die wirtschaftlichen Interessen der USA in verschiedenen Sektoren aus und erschweren Investitionen von Anbietern sauberer Energie und von Unternehmen, die saubere, zuverlässige Energie kaufen wollen.“ 

„Wir haben versucht, konstruktiv mit der mexikanischen Regierung zusammenzuarbeiten, um diese Bedenken auszuräumen, aber leider werden US-Unternehmen in Mexiko weiterhin ungerecht behandelt." 

Was sind die nächsten Schritte zur Lösung des Problems?

Die USA haben sich der Beschwerde Kanadas angeschlossen. Das Ministerium für Internationalen Handel des Landes erklärte, die neue Politik sei „unvereinbar mit den Verpflichtungen Mexikos“ im Rahmen des USMCA-Abkommens.

Nach den Regeln dieses Abkommens hat Mexiko, sobald ein Antrag auf Überprüfung gestellt wurde, bis zu 30 Tage Zeit zur Aufnahme von Konsultationen. Wird nach weiteren 75 Tagen keine Einigung erzielt, können die USA und Kanada die Einsetzung eines formellen Gremiums beantragen, um ihre Argumente anzuführen.

Kenneth Smith Ramos, der bis 2019 Mexikos Chefunterhändler für das USMCA war, erklärte jedoch gegenüber Bloomberg, es sei höchst unwahrscheinlich, dass das Problem aufgrund der spezifischen Art der behaupteten Verstöße innerhalb der Konsultationsfrist gelöst werden kann. 

Um den Bedenken Rechnung zu tragen, müsse Mexiko zwei Gesetze, die für die Agenda von Präsident Lopez Orbador von zentraler Bedeutung sind, „komplett überarbeiten“, erklärte er.

Lopez Orbador seinerseits zeigte sich von der Beschwerde unbeeindruckt; er erklärte auf seiner regelmäßigen Pressekonferenz, dass „nichts passieren wird“ und spielte ein Lied des mexikanischen Künstlers Chico Che mit dem Titel „Oh, how scary!“ (Oh, wie beängstigend!).

Was könnten die Folgen sein?

Die USA und Kanada argumentieren, dass diese Politik zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden geführt hat. Bloomberg zufolge machen die USA Verluste zwischen 10 und 30 Milliarden Dollar geltend, während das kanadische Handelsministerium die Investitionen kanadischer Energieunternehmen in Mexiko auf 13 Milliarden CA$ (10,1 Milliarden Dollar) beziffert. 

Sollte keine Einigung erzielt werden, könnten beide Länder versuchen, Strafzölle gegen Mexiko zu erheben, um diese Investitionen zurückzufordern.

Der ehemalige mexikanische Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo fügte hinzu, dass die Auswirkungen des Streits weit über den Energiesektor hinaus spürbar sein könnten, da auch Branchen wie die Automobilindustrie und die Landwirtschaft von den Zöllen betroffen sein könnten.

Er könnte auch die Attraktivität der Region für Investoren beeinträchtigen – in einer Zeit, in der ein Boom im Handel erwartet wird. Derzeit haben Unterbrechungen der globalen Lieferketten dem mexikanischen Exportsektor großen Auftrieb gegeben, da die Käufer nach Handelsrouten außerhalb Asiens suchen.

Einem Bericht der Interamerikanischen Entwicklungsbank zufolge hat dies für Mexiko einen jährlichen Wert von über 35,3 Milliarden Dollar geschaffen. Ein Großteil davon könnte in Gefahr geraten, wenn Importeure mit zusätzlichen Zöllen auf Waren aus Mexiko rechnen müssen.

Smith Ramos fügte hinzu: „Wir beobachten eine mögliche heftige Konfrontation zwischen den USA, Mexiko und Kanada“.

Die Energiefrage ist jedoch nicht der einzige Streitpunkt im Hinblick auf das USMCA, das unter der Regierung von Donald Trump ausgehandelt wurde und 2020 als Ersatz für das 25 Jahre alte Nordamerikanische Freihandelsabkommen in Kraft trat.

Mexiko und Kanada stellen auch die Art und Weise in Frage, wie die USA die neuen regionalen Regeln für den Automobilsektor auslegen und argumentieren, dass ein flexiblerer Ansatz erforderlich sei, während die USA auch ein Streitschlichtungsgremium zur Beilegung einer seit langem andauernden Meinungsverschiedenheit mit Kanada über die Zuteilung von Milchquoten gefordert haben.

Es scheint also, dass in den kommenden Jahren viel Arbeit auf die Verhandlungsführer zukommen wird, wenn das USMCA das reibungslose, zollfreie Handelsumfeld bieten soll, das seine Befürworter versprochen haben.