Ein Jahr RCEP: Was bringt der regionale Handelspakt nach den ersten 12 Monaten?

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Welche Auswirkungen hat das Freihandelsabkommen RCEP auf den Handel im Asien-Pazifik-Raum ein Jahr nach seiner Umsetzung?


Im vergangenen Monat jährte sich die Umsetzung eines der größten multilateralen Handelsabkommen der jüngsten Zeit, des RCEP, zum ersten Mal.

Das formal als Regionale Umfassende Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) bezeichnete Abkommen trat am 1. Januar 2022 in Kraft und umfasst den Handel zwischen 15 Ländern des Asien-Pazifik-Raums, darunter China, Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und die zehn Mitglieder der ASEAN-Gruppe.

Das langfristige Abkommen zur Wachstumsförderung und zum Abbau von Handelsschranken in ganz Ostasien steckt zwar noch in seinen Kinderschuhen, doch Handelszahlen und Stimmung in der Industrie in den ersten 12 Monaten seiner Umsetzung deuten auf einen guten Start hin. Was also bringt das Abkommen bisher und welche Möglichkeiten könnten sich in den kommenden Jahren ergeben?

RCEP ein Jahr nach der Umsetzung

Einer der wichtigsten Aspekte des RCEP-Pakts ist seine Größe. Seine 15 Mitgliedsländer zählen mehr als zwei Milliarden Menschen und rund 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Es wird erwartet, dass dieser Anteil bis zum Jahr 2030 auf 50 Prozent des globalen BIP ansteigt, was den Pakt sowohl von der Bevölkerung als auch von der Wirtschaftskraft her zur größten Handelsunion der Welt werden lässt.

Laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua hat das Abkommen in den letzten 12 Monaten die Handelskosten gesenkt, die Integration der Lieferketten erleichtert und den Verbrauchern in der Region günstigere Produkte beschert.

Die Umsetzung kam für wichtige Volkswirtschaften zu einem günstigen Zeitpunkt, wie etwa für China, das sich nur schwer von den durch seine Null-Covid-Politik verursachten Störungen erholen kann, während hohe Zinssätze und globale Unruhen infolge des Krieges in der Ukraine die weltweite Nachfrage ebenfalls gebremst haben.

Trotz dieses Gegenwinds wird dem RCEP jedoch Anerkennung für den weiterhin robusten Handel zwischen den teilnehmenden Ländern zuteil. Da wichtige Volkswirtschaften wie China und Japan zum ersten Mal den gleichen Rahmenbedingungen unterliegen, hat der Handel mit wichtigen Produkten in der gesamten Region einen Boom erlebt.

Handelszahlen zeigen starkes Wachstum

Der Erfolg des RCEP lässt sich an der Steigerung der Importe und Exporte in der Region im Jahr 2022 ablesen. So meldete Japan einen Anstieg der Exporte von Lebensmitteln, landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und Fischereierzeugnissen nach China um 24,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Handel Thailands mit anderen RCEP-Mitgliedsländern in den letzten 12 Monaten hat einen Wert von 300 Milliarden US-Dollar erreicht, was einem Anstieg von 7,11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Der stellvertretende thailändische Handelsminister Sinit Lertkrai wies darauf hin, dass neben den Vorteilen, die sich aus der Abschaffung der Zölle ergeben, mit dem RCEP-Abkommen auch eine Reihe von Erleichterungsmaßnahmen zur Beschleunigung der Zollabfertigungsverfahren in Kraft traten. Dies brachte insbesondere für die Einfuhr leicht verderblicher Waren Vorteile und bot mehr Möglichkeiten für Lebensmittelexporte des Landes.

Für China, das im vergangenen Monat den stärksten Rückgang seiner Ein- und Ausfuhren seit Beginn der Covid-Pandemie meldete, scheint das RCEP-Abkommen dazu beizutragen, die schwächelnden Handelsbeziehungen mit dem Westen auszugleichen.

Offizielle Zahlen zeigen, dass der Handel zwischen China und den ASEAN-Staaten im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent gestiegen ist und nun 6,52 Billionen Yuan (970 Milliarden US-Dollar) beträgt.

Der Sprecher der Allgemeinen Zollverwaltung in Peking, Lu Daliang, führt dieses starke Wachstum auf das durch die RCEP geschaffene stabile Handelsumfeld zurück, insbesondere auf die Förderung der Integration industrieller Lieferketten.

Ausblick

Irgendwann werden über 90 Prozent aller in der Region gehandelten Waren zollfrei sein, wobei in den kommenden Jahren ein Beitritt weiterer Länder zum Abkommen möglich ist. Bangladesch und Hongkong haben bereits Anträge auf Beitritt zum RCEP gestellt.

Ein weiterer ausschlaggebender Faktor für den künftigen Erfolg des Abkommens könnte jedoch darin liegen, ob die Verlagerung der wirtschaftliche Macht in der Region weg von den USA gelingt. Mehrere Kommentatoren haben darauf hingewiesen, dass dies für Peking ein wichtiges Ziel sei, damit sich der Handel in der Region wieder um China herum ausrichtet.

Das Land ist auch sehr daran interessiert, die Vorteile des RCEP als Gelegenheit hervorzuheben, im innerasiatischen Handel in Yuan statt in US-Dollar zu handeln. Es wird erwartet, dass die Senkung der Zölle mehr Hersteller veranlassen wird, in den kommenden Jahren Anlagen innerhalb der Grenzen dieser Handelsgemeinschaft zu errichten.

Charles Lee, Geschäftsführer und Gründer des in Hongkong ansässigen digitalen Infrastrukturunternehmens OneAsia, erklärte beispielsweise gegenüber der South China Morning Post: Mit der Senkung der Zölle werden die Hersteller zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen des RCEP an verschiedenen Orten Lagerstätten errichten, indem sie näher an ihre Kunden heranrücken.“

Dennoch bleiben Bedenken. Für die Mitgliedsländer wird es wichtig sein, sich in einer Zeit der globalen Unsicherheit nicht zu sehr nach innen zu kehren. Zudem gibt es auch Bedenken, die Beseitigung von Handelsschranken könne zur Überschwemmung einiger Märkte mit Waren aus billigeren Nachbarländern führen.

Viele kleine und mittlere Unternehmen haben aufgrund der komplizierten Regeln immer noch Probleme, die Vorteile des RCEP voll auszuschöpfen. Diese Probleme müssen in den kommenden Jahren angegangen werden, wenn die Handelsunion ihr volles Potenzial entfalten soll.