Die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Australien und der EU scheitern – wo liegen die Hürden?

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Warum sind die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien gescheitert und wie könnte es weitergehen?


Die Gespräche über ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen Australien und der EU sind ohne Einigung beendet worden, nachdem es beiden Seiten nicht gelungen war, bei den Agrarerzeugnissen zu einer Einigung zu gelangen.

Es bestand die Hoffnung, bei den Gesprächen in der vergangenen Woche zu einem Ergebnis zu kommen. Allerdings wurde gemeldet, dass Brüssel nicht bereit war, Australiens Forderungen nach besserem Zugang seiner Landwirte zur EU zu akzeptieren – insbesondere für die Rindfleischindustrie.

In einer Erklärung hieß es von der Europäische Kommission: „Wir bedauern, dass es nicht möglich war, unsere Gespräche mit Australien erfolgreich abzuschließen. Wir haben zwar Fortschritte gemacht, allerdings ist zur Klärung der wichtigsten offenen Fragen noch mehr Arbeit nötig.“

Weiter hieß es, die EU habe „alle Anstrengungen unternommen, um zu einem ausgewogenen Abkommen zu gelangen“, und die „Tür für Verhandlungen bleibt offen“, falls Canberra bereit sei, seine Position anzupassen.

Einige Politiker fordern nun die australische Regierung auf, die Verhandlungen einzustellen, sollten in diesem Jahr keine Fortschritte erzielt werden. Welche Probleme stehen einer Einigung eigentlich im Wege und wie stehen die Chancen für eine Lösung in der nächsten Verhandlungsrunde?

Agrarfragen als Hauptstreitpunkt

Größere Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Seiten bestehen bei den Zöllen und Kontingenten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die aus Australien in die EU eingeführt werden. Canberra hat einen erweiterten Zugang zu seinen Lebensmitteln und Getränken zur Hauptpriorität bei den Verhandlungen erklärt, einschließlich Rindfleisch, Lammfleisch, Molkereiprodukte und Wein, für die derzeit größtenteils Zölle und Kontingente gelten.

Ähnliche Bestimmungen wurden in das Anfang des Jahres zwischen Australien und dem Vereinigten Königreich unterzeichnete Freihandelsabkommen aufgenommen, das in Westminster von einigen Seiten kritisiert wurde, weil es zu viele Zugeständnisse bietet. Brüssel ist daher wohl eher misstrauisch, wenn es darum geht, den gleichen Weg einzuschlagen.

Der australische Premierminister Anthony Albanese hat signalisiert, dass das Ziel eines Zugangs zur EU für die Landwirte seines Landes unverrückbar ist. Er sagte: „Letztendlich werden wir unsere Verhandlungen mit der EU nur dann abschließen, wenn dabei herauskommt, dass unsere landwirtschaftlichen Produkte Zugang zu einem neuen Markt erhalten.“ 

Der Guardian stellt einen weiteren Knackpunkt fest, der darin besteht, dass Canberra nicht bereit ist, die europäischen Regeln zur Verwendung von Begriffen wie Feta und Prosecco zu akzeptieren, die im Vereinigten Königreich nur Produkten aus bestimmten Herkunftsländern vorbehalten sind.

Andererseits argumentieren die australischen Verhandlungspartner, für die Landwirte sei die Verwendung dieser Begriffe sinnvoll, um damit Sorten zu bezeichnen und nicht europäische Regionen.

Welche Vorteile hätte ein Freihandelsabkommen?

Insgesamt schätzt die EU, dass ein Freihandelsabkommen mit Australien das BIP der EU bis 2030 um 3,9 Milliarden Euro steigern könnte, wobei insbesondere Hersteller von Maschinen, Metallen, elektronischen Geräten und Chemikalien, Automobilhersteller sowie Lebensmittel- und Getränkehersteller profitieren würden.

Neben den direkten wirtschaftlichen Vorteilen sind beide Seiten daran interessiert, ihren Handel zu diversifizieren und die Abhängigkeit von Partnern wie China bei wichtigen Importen zu verringern. Die Spannungen zwischen Peking und Canberra waren in den letzten Jahren besonders groß, als die chinesische Regierung neue Zölle und andere Handelsbeschränkungen für Waren wie Wein, Gerste und Kohle verhängt hat.

Außerdem ist Australien weltweit größter Produzent von Lithium und verfügt über beträchtliche Reserven an anderen wichtigen Mineralien wie Kobalt, Mangan und seltene Erdmetalle. Diese Elemente sind für Produkte wie Batterien unerlässlich und daher wird in der EU in den kommenden Jahren mit einer starken Nachfrage gerechnet.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sagte: „Dies sind Zeiten, in denen die Demokratien zusammenstehen müssen, um ihre Freundschaft und ihre Partnerschaft zu vertiefen, aber auch um ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken.

Für uns sind solide Lieferketten wichtig, um eine Diversifizierung mit gleichgesinnten Partnern zu ermöglichen.“

Was könnten die nächsten Schritte sein?

Es wird erwartet, dass sich die Verhandlungspartner beider Seiten im August zu einer neuen Gesprächsrunde treffen werden, um zu versuchen, den Stillstand zu überwinden. In einer Rede in Brüssel sagte der australische Handelsminister Don Farrell, sein Team werde sich weiterhin auf einen „sinnvollen Zugang“ für die australischen Landwirte drängen, und setzte für eine Einigung eine Frist bis Ende des Jahres. 

Er fügte jedoch hinzu: „Ich bin optimistisch, dass wir mit etwas gutem Willen, harter Arbeit und Ausdauer zum Ziel gelangen werden.“

Einige Industrieverbände und Oppositionspolitiker in Australien haben die Regierung ebenfalls ermahnt, keine Kompromisse einzugehen, und argumentiert, es sei besser, sich zurückzuziehen, als einem schlechten Abkommen zuzustimmen.

Tony Mahar, Geschäftsführer der National Farmers’ Federation, sagte, der Handel sei von entscheidender Bedeutung für den australischen Agrarsektor und fügte hinzu: „Es ist zu wichtig, als dass wir uns Fehler erlauben könnten ... wir wollen sicherstellen, dass wir es für die australischen Landwirte vom ersten Tag an für die folgenden Jahrzehnte richtig hinbekommen.“