Aktuelles zum Freihandelsabkommen zwischen Indien und Großbritannien – wie kommen die Gespräche voran?

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In diesem Monat findet die 12. Runde der Handelsgespräche zwischen dem Vereinigten Königreich und Indien statt – wie nah ist ein endgültiges Abkommen?


Während das Vereinigte Königreich nach dem Brexit weiterhin bilaterale Handelsabkommen auf der ganzen Welt anstrebt, stellt die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen (FTA) mit Indien einen der großen Gewinne für die Regierung des Landes dar.

Der bilaterale Handel zwischen den beiden Ländern hat in den Jahren 2022-23 einen neuen Höchststand von 20,36 Mrd. USD erreicht - gegenüber 17,5 Mrd. USD in den Jahren 2021-22. Beide Seiten haben ihr Interesse an einem erweiterten Marktzugang im jeweils anderen Land gezeigt. Für das Vereinigte Königreich sind eine Steigerung der Waren- und Dienstleistungsexporte nach Indien und eine Senkung der Zölle ein wichtiges Ziel, während Neu-Delhi neben der Abschaffung der Zölle auch einen erweitertem Zugang für seine qualifizierten Arbeitskräfte in Großbritannien anstrebt. Eine Einigung würde auch Indiens erstes vollständiges Freihandelsabkommen mit einem Industrieland darstellen.

Die Fortschritte gestalteten sich jedoch langsamer als erhofft. Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson hatte für die Unterzeichnung des Abkommens ursprünglich eine Frist bis zum hinduistischen Diwali-Fest 2022 gesetzt, die jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Visaerleichterungen und Handelsnormen nicht eingehalten wurde.

Inzwischen deuten aber Anzeichen darauf hin, dass ein Ende in Sicht ist. Nach einer 12. Gesprächsrunde in diesem Monat und einem Besuch der britischen Handelsministerin Kemi Badenoch in Indien anlässlich eines Treffens der G20-Handelsminister herrscht Optimismus, dass eine Einigung kurz bevorsteht.

Gespräche in der Schlussphase

Es wurde zwar kein fester Termin festgelegt, aber man erwartet, dass eine Einigung noch in diesem Jahr erzielt werden kann. Einige indische Meinungsvertreter sind sogar der Ansicht, dass ein endgültiger Text bereits im September vereinbart werden könnte, wenn der britische Premierminister Rishi Sunak das Land besuchen wird. Allerdings hatte die britische Regierung darauf hingewiesen, dass dies zu optimistisch sein könnte.

Während ihrer Zeit in Indien hat Badenoch eine Marketingkampagne in Höhe von 1,5 Millionen Pfund zur Förderung der britisch-indischen Beziehungen auf den Weg gebracht, während im kommenden Jahr auch eine Reihe gezielter Handelsvertretungen für bedeutende Sektoren geplant sind.

Sie erklärte: „Das Vereinigte Königreich und Indien haben eine florierende Beziehung und unser gemeinsames Ziel ist die Vertiefung unserer kulturellen Bande und Handelsbeziehungen. Indien ist der zweitgrößte Träger von Investitionsprojekten im Vereinigten Königreich und ich bin zuversichtlich, dass diese neue Kampagne dazu beitragen wird, das Interesse an britischen Waren und Dienstleistungen sowie deren Nachfrage noch weiter zu steigern.“

Es wurde berichtet, dass in den meisten Fragen eine Einigung erzielt wurde, auch wenn einige der schwierigsten Bereiche noch zu bearbeiten sind. So berichtet die indische Tageszeitung Economic Times, dass 19 der 26 Kapitel des geplanten Freihandelsabkommens abgeschlossen sind, während jetzt noch über produktspezifische Bestimmungen verhandelt wird, um die Anforderungen an die Ursprungsregeln zu erfüllen.

Was stand diesen Monat zur Diskussion?

Eine Quelle der indischen Regierung teilte der Zeitung mit, die Hauptthemen der Gespräche in diesem Monat würden ein Investitionsabkommen, die Senkung der Zölle auf Autos und Whisky sowie Fragen im Zusammenhang mit Dienstleistungen umfassen.

Für Großbritannien sind Autos und Spirituosen Bereiche von besonderem Interesse, weil dafür zur Zeit äußerst hohe Zölle auf wichtige britische Einfuhren nach Indien gelten. Gegenwärtig liegen die Zölle auf Autos bei 100 Prozent und auf schottischen Whisky bei 150 Prozent. Zwar ist nicht zu erwarten, dass diese Zölle durch ein Freihandelsabkommen vollständig abgeschafft werden, aber Bloomberg meldet, dass erhebliche Senkungen zur Debatte stehen. 

Der Nachrichtenquelle zufolge will Neu-Delhi die Zölle für Autos auf 75 Prozent und für Spirituosen auf 100 Prozent senken. Großbritannien wünscht sich jedoch eine stärkere Senkung und schlägt eine schrittweise Reduzierung der Whiskyzölle auf 50 Prozent sowie einen Mindestimportpreis von etwa 4 US-Dollar pro Flasche vor

Welche heiklen Fragen bleiben noch?

Trotz der Fortschritte sind noch manche wichtigen Hürden zu überwinden. Die britische Regierung hat eingeräumt, dass es noch heikle Fragen zu erörtern gibt, darunter Indiens Wunsch nach einer Lockerung der britischen Visabestimmungen, Handelsnormen und Mechanismen zur Streitbeilegung.

Die Freizügigkeit von Personen hat sich als besonders zäher Punkt erwiesen, da sie als eine der höchsten Prioritäten Indiens gilt, wobei die amerikanische Tageszeitung Politico feststellte, dass innerhalb Sunaks konservativer Partei jegliche Zugeständnisse in diesem Bereich höchst unpopulär sein dürften.

Insider betonten auch, dass man sich auf einen Testen Termin hinarbeite, nachdem kritisiert worden war, dass den britischen Partnern bei früheren Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Australien und Neuseeland zu viele Zugeständnisse gemacht wurden, um einen zügigen Abschluss der Gespräche zu erreichen.

Sky News erfuhr aus einer Quelle: „Es geht um das Abkommen und nicht um das Datum. Es gibt noch einige offene Fragen und die wirklich heiklen Dinge hebt man sich bis zum Schluss auf.“