Interview mit
Harald Boes, Leiter Zollmanagement & Richtlinien/ Luftfrachtsicherheit | Manager Customs Management & Policies/ Air Cargo Security , ZF Friedrichshafen AG
und
Robert Hettler, Senior Manager Corporate Finance, IT, M&A/ FC Outboundlogistik | FC Outbound Logistics (FISO), ZF Friedrichshafen AG
ZF Friedrichshafen AG - Das Unternehmen
ZF ist ein weltweit führender Technologiekonzern in der Antriebs- und Fahrwerktechnik sowie der aktiven und passiven Sicherheitstechnik. Das Unternehmen, das am 15. Mai 2015 TRW Automotive übernommen hat, ist an rund 230 Standorten in 40 Ländern vertreten. Im Jahr 2014 haben die beiden damals noch selbständigen Unternehmen mit 134.000 Mitarbeitern einen Umsatz von über 30 Milliarden Euro erzielt. ZF zählt zu den drei größten Automobilzulieferern weltweit.
Quelle: www.zf.com
Die Ausgangssituation von ZF - ein dezentral aufgestelltes und gewachsenes Unternehmen verschmilzt
Bis 2011 war ZF ein dezentral aufgestelltes und gewachsenes Unternehmen bestehend aus selbständigen Divisionen und Legaleinheiten. Technisch gesehen nutzen alle Divisionen in Deutschland eigene SAP-Systeme, die sich seit ihrer Einführung unterschiedlich entwickelt haben - das auch in Bezug auf die Prozesse für das präferenzielle Nachweisverfahren.
Im August 2011 wurden diese einst eigenständigen Unternehmen in die ZF Friedrichshafen AG verschmolzen. Im Rahmen der Zusammenführung wurde auch auf eine Bewilligung in Bezug auf das präferenzielle Nachweisverfahren für die gesamte ZF Friedrichshafen AG umgestellt. Mit der Umstellung war zudem gegenüber dem Hauptzollamt ein Gesamtverantwortlicher für das präferenzielle Nachweisverfahren bei ZF zu benennen.
Die Gesamtverantwortung für Präferenzen übernahm Harald Boes, Leiter Zollmanagement & Richtlinien / Luftfrachtsicherheit. Er betont: "Die Verwaltung, Beherrschbarkeit und Kontrolle des präferenziellen Nachweisverfahrens, mit bis dato neun unterschiedlich ausgestalteten SAP-Systemen, war nur schwer und mit großem Aufwand möglich. Schnell stößt man hier an Grenzen wenn man sich vorstellt, neun Mal das Gleiche zu customizen, was bei einem einheitlichen System nur einmal notwendig wäre. Dieser Umstand hat zu vielen internen Diskussionen geführt mit dem Bestreben, ein einheitliches Präferenznachweissystem für alle ZF Standorte zu etablieren."
Neben den fachlichen Anforderungen und der Notwendigkeit eines einheitlichen Präferenznachweissystems ist es ZF ebenso ein Anliegen, die IT-Prozesse unternehmensweit zu standardisieren. Im Zuge der Evaluierung der "Application Landscape" ist die IT-Abteilung von ZF beinahe zeitgleich auf die unterschiedlichen Prozesse zur Präferenznachweisführung in den SAP-Systemen gestoßen.
Robert Hettler, Senior Manager Corporate Finance, IT, M&A/ FC Outboundlogistik, erzählt: "Wir stellten fest, dass die Prozesse für die Präferenznachweisführung in allen Bereichen in SAP-Systemen abgebildet waren, was uns anfänglich positiv überrascht hat. Aber leider waren alle Systeme unterschiedlich organisiert. Und da zu diesem Zeitpunkt auch der Bedarf nach einer Vereinheitlichung von Business-Seite immer stärker wurde, insbesondere von Herrn Boes, hat dies dem Ganzen weiteren Schwung verliehen."
Im Januar 2014 hat ZFs Material Management Council (MMC) das Projekt "Ready for Preferences" initiiert und beauftragt. Das Ziel: Ein einheitliches und ZF-übergreifendes System für das präferenzielle Nachweisverfahren zu etablieren - entweder mit der bestehenden SAP-Landschaft oder mit einem Dritt-System.
Die Anforderungen - was muss ein ZF-übergreifendes System für das präferenzielle Nachweisverfahren leisten?
Wesentlich für die Nutzung der Vorteile aus Präferenzabkommen ist die korrekte Nachweisführung der Ursprungseigenschaft von Waren gemäß der in den Abkommen gelisteten Ursprungsregeln. Die neue Softwarelösung sollte daher in jedem Fall in der Lage sein, alle Aspekte der präferenziellen Nachweisführung sicherzustellen, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Zudem muss diese Lösung ZF in der Zentralisierung und Steuerung der werks- und systemübergreifenden Präferenzabwicklung unterstützen können: nämlich mit zentraler Zugriffsmöglichkeit auf die für die Nachweisführung relevanten Daten und Prozesse zur Schaffung der notwendigen Transparenz.
Die Lösung sollte von den nationalen und internationalen Zollbehörden für die Nachweisführung anerkannt und auch aus Sicht aller anderen ZF-Produktionsstandorte für die Präferenzabwicklung zur Nutzung der Vorteile der Freihandelsabkommen einsetzbar sein. Außerdem muss sie einen durchgehenden, höchstmöglichen Automatisierungsgrad bieten.
Auf der Suche nach einem geeigneten Partner - warum sich ZF für MIC entschieden hat
Dass man in den Zollabteilungen über die Bedeutung von Präferenznachweisen Bescheid weiß, ist zu erwarten, aber was ist mit den anderen Personen, zum Beispiel aus dem IT-Bereich, die auch an dem Projekt "Ready for Preferences" beteiligt sind?
Genau aus diesem Grund war es unerlässlich, einen gemeinsamen Wissensstand aller am Projekt beteiligten Personen aus den verschiedenen Abteilungen für diese Thematik zu schaffen. Um am Ende auch eine qualifizierte Entscheidung bezüglich der bestmöglichen Lösung für ein einheitliches und ZF-übergreifendes System für das präferenzielle Nachweisverfahren treffen zu können, haben die handelnden Personen im Februar 2014 an einem Zoll-Seminar zum Thema Warenursprung und Präferenzen teilgenommen.
Parallel dazu begann ZF, sich am Markt nach Softwareanbietern für Warenursprungs- und Präferenzlösungen umzusehen. Sehr rasch stieß man dabei - dank Empfehlungen anderer Unternehmen der Automobilindustrie - auf MIC Customs Solutions, den führenden Anbieter für globale Zolllösungen.
Bereits im März 2014 wurden drei in Frage kommende Anbieter, darunter auch MIC, zu einer Erstpräsentation eingeladen. Die Informationen, die ZF während dieser Präsentationen gewinnen konnte, bildeten die Grundlage für den Start der ZF-internen Projektarbeit im April 2014 und dienten als Basis für die Erstellung des Lastenheftes. Im Mai 2014 erfolgten die detaillierten Anbieterpräsentationen, die noch mehr Klarheit brachten. In den darauffolgenden Strukturworkshops im Juni blieben MIC und ein weiterer Anbieter im Rennen.
Harald Boes erzählt: "Nach den darauf folgenden Vertragsverhandlungen stand fest, dass das MIC-Gesamtpaket überzeugt hat. Betonen muss man hier, dass die Entscheidung für MIC einstimmig war, auch für die IT bot MIC Customs Solutions das funktionell ausgereifteste System, welches unsere Arbeit durch die vielen Funktionalitäten erleichtert - es deckt einfach alle Aspekte des Außenhandels am besten ab."
Dieses Ergebnis wurde dem ZF-Steering Committee übermittelt und bereits im August 2014 war sicher: MIC wird der neue Lösungsanbieter für das präferenzielle Nachweisverfahren der ZF Friedrichshafen AG.
ZFs Erfahrungen mit MIC - Projektverlauf & Go-Live
Der Kick-Off für das Pilotprojekt erfolgte bereits eine Woche nach der Entscheidung für MIC mit einem sehr ambitionierten Zeitplan im Gepäck: Dieser sah zum einen vor, dass der Pilot, die Business Unit "Electronic Systems" in Auerbach, innerhalb eines halben Jahres mit MICs Lösung für Warenursprung und Präferenzen live sein sollte. Zum anderen waren alle Facetten der Präferenzkalkulation, die später für den gesamten ZF-Konzern zum Einsatz kommen sollten, ebenso beim Piloten zu implementieren, um damit das Rollout an den anderen Standorten rascher und einfacher zu gestalten. Trotz dieser Herausforderung standen alle Beteiligten hinter dem strikten Zeitplan. Es wurden viel Zeit und Mühe investiert, um das Ziel zu erreichen.
Das Pilotprojekt bei ZF "Electronic Systems" in Auerbach gliederte sich in drei Phasen:
- Phase 1 - Einholung von Lieferantenerklärungen bis Ende 2014
Mit dem MIC Modul OCS SCS (Supply Chain Solicitation) für das Einholen und Verwalten von Lieferantenerklärungen wurde bereits Ende November 2014 gestartet. Im Rahmen dieser Projektphase gab es einige Workshops zu den umfassenden Anforderungen von ZF. Als sehr erfolgreich hat sich in dieser Phase die Aufteilung in einen großen Arbeitskreis und eine kleine Arbeitsgruppe erwiesen. Der große Arbeitskreis erarbeitete und verabschiedete die allgemein geltenden Templates, die kleine Arbeitsgruppe vollzog im nächsten Schritt das Rollout beim Piloten.
- Phase 2 - Kalkulation des Warenursprungs bis Ende März 2015
Im Anschluss daran erfolgte in der zweiten Phase die Implementierung der notwendigen Prozesse für die Kalkulation des Warenursprungs: Aufsetzen der Warenursprungsregeln, Testen der aufgesetzten Regeln und Prozesse sowie Schulungen der Mitarbeiter waren nur einige von vielen erforderlichen Aufgaben. Hier wurde bereits mit den gewonnenen Daten aus der ersten Phase gearbeitet und über die Schnittstellen zwischen MIC und SAP kommuniziert.
- Phase 3 - Go-Live am 25. März 2015
Nach dem erfolgreichen Go-Live der endgültigen Lösung beim Piloten in Auerbach am 25. März 2015 teilte Harald Boes mit: "Seit gestern Abend um 18:00 sind wir mit der Präferenzkalkulation unter MIC OCS bei unserem Piloten in Auerbach im Produktivbetrieb. Ich bedanke mich beim ganzen Team für die außerordentliche Leistung in den letzten Tagen und Wochen. Das gesamte Projektteam, die ZF-IT, MIC und der Pilot in Auerbach haben an einem Strang gezogen. Das ist einzigartig. ZF und MIC haben hier gemeinsam einen neuen europäischen Standard hinsichtlich Warenursprungs- und Präferenz-Lösung kreiert. Von beiden Seiten waren die richtigen Leute zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Unser Dienstleister MIC hat mit einem außergewöhnlich guten Projektteam und einem außergewöhnlich guten Produkt das präferenzielle Nachweisverfahren der ZF nachhaltig gestärkt. Auch in der Zukunft können wir uns mit MIC als richtig aufgestellt sehen."
Zusätzlich wurde auch das Modul MIC CCS für die Zolltarifierung der ZF-Artikel inklusive Integration mit SAP eingeführt, die ebenso eine Rückgabeschnittstelle für die in MIC CCS tarifierten Artikel an SAP beinhaltet.
Das Pilotprojekt wurde somit innerhalb der geplanten Projektlaufzeit, innerhalb des geplanten Budgets sowie in höchster Qualität umgesetzt und abgeschlossen. Gerade bei IT-Projekten ist das nicht selbstverständlich.
ZFs Benefits durch den Einsatz der MIC Lösung
Robert Hettler und Harald Boes sehen durch den Einsatz der MIC Lösung folgende Benefits für ZF:
- "Es gibt nun ein übergreifendes globales System für die ZF. Alles läuft bzw. wird über den Server in Deutschland laufen und mit gleichen Schnittstellen darauf zugegriffen, egal ob von USA, China oder Brasilien."
- "Wir haben nun die Möglichkeit, Synergien zu nutzen, wie etwa die Weiterentwicklung, den Support oder die Bereitstellung von 'Shared Services'."
- "Neun unterschiedliche Prozesse für neun ERP-Systeme sind nun in einem Prozess standardisiert und zentralisiert - das bedeutet auch, nur ein System zu warten und zu pflegen."
- "Wir haben jetzt ein rechtssicheres und beherrschbares System, auf das zentral durchgegriffen werden kann und verfügen darüber hinaus über mehr Transparenz mit lückenloser Nachvollziehbarkeit der Ursprungskalkulationen."
- "Die Mitarbeiter haben nun wertigere Aufgaben. Sie können sich mehr mit der Prüfung der Vorgänge beschäftigen. Die eintönige Bearbeitung von Lieferantenerklärungen gehört auch wegen der zugehörigen Lieferanten Web-Portallösung der Vergangenheit an."
ZFs Zukunftspläne - die nächsten Schritte
Der Rollout an allen Standorten der ZF in Deutschland, der wie geplant dem Pilotprojekt folgte, befindet sich bereits in voller Umsetzung. Auch hier ist der Zeitrahmen sehr ambitioniert, denn der Rollout in Deutschland soll - inklusive der Go-Lives an den einzelnen Standorten - noch dieses Jahr abgeschlossen werden. Um dieses Ziel erreichen zu können wird seit Juni 2015 die Software jeweils parallel an 2 Standorten ausgerollt.
Im Juni 2015 fand auch der Kick-Off für das US-Pilotprojekt statt. Ähnlich wie in Deutschland wird hier zunächst MICs Lösung für die Ursprungskalkulation und Verwaltung von Lieferantenerklärungen inklusive der Zolltarifierung an einem Pilot-Standort implementiert, in diesem Fall in South Carolina. Der Go-Live ist bereits für Oktober 2015 geplant.
2016 folgt der Rollout in Korea und Österreich. Außerdem soll an einer vollständigen Automatisierung der Zolltarifierung gearbeitet werden.
Wir wünschen allen Beteiligten weiterhin viel Erfolg bei gleichbleibenden Elan und Engagement!
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