Welche Folgen könnten die neuen Vorschriften der USA für Chip-Exporte haben?

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Wie werden sich die neuen US-Exportkontrollen für moderne Halbleitertechnologie auf die Handelsbeziehungen zwischen Washington und Peking auswirken?


Die USA haben kürzlich ihren Wettbewerb mit China verschärft, indem sie eine Reihe neuer Ausfuhrkontrollen für technologische Güter eingeführt haben, die den Export in das asiatische Land stark eingeschränkt haben.

Es gibt Hinweise, dass die Maßnahmen Teil einer größeren Anstrengung Washingtons sind, die Entwicklung von Hochtechnologie und Militärtechnik in China zu bremsen, da sie Hochleistungschips betreffen, die Peking im eigenen Land nicht herstellen kann. 

Allerdings sind die weitreichenden Maßnahmen nicht nur darauf beschränkt, US-Hersteller an Exporten nach China zu hindern – sie wirken sich auch auf alle ausländischen Unternehmen mit US-Beziehungen aus, die in der Region tätig sind. Welche Reaktionen gab es auf diese Maßnahme und wie wird sie sich in Zukunft auf den Markt auswirken?

Welche Beschränkungen wurden verhängt?

Die vom US-Handelsministerium im Oktober erlassenen neuen Exportkontrollen verbieten es US-Unternehmen, bestimmte fortschrittliche Halbleiter nach China zu liefern, sofern sie nicht eine Sondergenehmigung erhalten haben. Dazu gehören solche, die als hochleistungsfähig eingestuft werden (mit mindestens 300 Billionen Operationen pro Sekunde, oder 300 Teraops) und über hohe Verbindungsgeschwindigkeit verfügen (mindestens 600 Gigabyte pro Sekunde).

Zusätzlich blockieren die Kontrollen auch die Lieferung von Fertigungsanlagen, die zur Herstellung bestimmter Chiptypen verwendet werden könnten. Ein weiterer Faktor ist, dass die Vorschriften nicht nur für Unternehmen in den USA gelten, sondern auch für Bürger und Personen mit ständigem Wohnsitz in den USA.    

Alan Estevez, US-Unterstaatssekretär für Industrie und Sicherheit, sagte: „Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um unsere nationale Sicherheit zu schützen und zu verhindern, dass sensible Technologien mit militärischen Anwendungen vom Militär, den Geheimdiensten und den Sicherheitsdiensten der Volksrepublik China erworben werden können.“

Zu den großen Unternehmen, die am ehesten von diesem Schritt betroffen sein dürften, gehört Nvidia, dessen A100- und H100-Chips, die für den Einsatz in Rechenzentren und Anwendungen der künstlichen Intelligenz bestimmt sind, zu den von den Vorschriften betroffenen Produkten gehören.

Wie hat China darauf reagiert?

Die Maßnahmen werden wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf die Technologieproduktion in China haben. Der Guardian berichtet, dass das Land zwar mehr als drei Viertel der weltweit hergestellten Halbleiter verbraucht, selbst aber nur mit ca. 15 Prozent an der weltweiten Produktion beteiligt ist. Experten zufolge liegt Chinas heimischer Fertigungssektor dem der USA um vier bis fünf Jahre zurück, was einen Ersatz der Verluste durch heimische Produkte erschwert.

Einige Kommentatoren haben daher prognostiziert, dass dies Chinas Chipherstellung um bis zu einem Jahrzehnt zurückwerfen könnte. Mark Williams und Zichun Huang, Analysten bei Capital Economics, schrieben in einem Forschungsbericht, dass die USA die Sprossen von Chinas technologischer Leiter „gekappt“ haben, da die Regelungen nicht nur den Zugang zu fortschrittlichen US-Materialien blockieren, sondern es für den einheimischen Fertigungssektor auch sehr viel schwerer wird, wieder Anschluss zu finden.

Offiziell war die Reaktion Chinas auf diesen Schritt bisher verhalten, obwohl ein Sprecher des Außenministers des Landes sagte, die USA missbrauchten Exportkontrollmaßnahmen, um „chinesische Unternehmen böswillig zu blockieren und zu unterdrücken“.

Experten sind jedoch der Meinung, dass Peking nur über wenige Mittel verfügt, die die USA zum Umdenken zwingen könnten. Ein möglicher Schritt wäre, als Vergeltung den Zugang der USA zu kritischen Seltenerdmetallen zu blockieren, bei denen China die weltweit größte Quelle ist. 

Dies würde zwar sicherlich wichtige US-Tech-Unternehmen wie Apple und Boeing treffen, doch viele dieser Unternehmen haben auch große Betriebe in China, so dass jeder wirtschaftliche Schaden Peking wohl ebenso treffen würde wie die USA.

Könnte der Streit auf andere Länder übergreifen?

Die neuen Regelungen haben bereits erste Auswirkungen gezeigt und die Folgen der Entscheidungen sind über die Grenzen der USA hinaus spürbar. Die USA haben eingeräumt, dass sich die Auswirkungen der Maßnahmen im Laufe der Zeit wahrscheinlich abschwächen werden, wenn andere Verbündete wie die EU keine ähnlichen Schritte unternehmen. Allerdings sind einige europäische Unternehmen bereits davon betroffen.

So hat beispielsweise ASML, ein niederländischer Hersteller von Fertigungsanlagen, seine Mitarbeiter in den USA angewiesen, keine chinesischen Kunden mehr zu bedienen. Die niederländische Handelsministerin Liesje Schreinemacher hat Gespräche mit der US-Regierung über die Auswirkungen der Vorschriften geführt und Reportern in Brüssel mitgeteilt, ihre Regierung würde die neuen Vorschriften prüfen, aber die US-Ausfuhrbeschränkungen nicht eins zu eins übernehmen.

Ebenfalls mit dem Streit in Verbindung steht die Entscheidung der britischen Regierung, das chinesische Technologieunternehmen Nexperia anzuweisen, seine Anteile an einer Chipfabrik in Wales zu verkaufen, sowie das Eingreifen der deutschen Regierung, um den Verkauf einer ähnlichen Fabrik in Dortmund an einen chinesischen Käufer zu verhindern.

Xiaomeng Lu, Direktorin für Geotechnologie bei der Eurasia Group, erklärte gegenüber CNN, dass hinter diesen Schritten mit gewisser Sicherheit der Druck der USA stehe. Sie fügte jedoch hinzu, dass wachsender Protektionismus im Bereich der Halbleitertechnologie ebenfalls dazu beiträgt.

Während die langfristigen Auswirkungen noch nicht absehbar sind, so zeigen die Maßnahmen doch, dass die erhoffte Wiederherstellung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China unter der Regierung Biden unwahrscheinlich ist und eine weitere „Abkopplung“ für beide Seiten einen hohen Preis haben könnte.